Im Jahr 2002 hat die Stadt Kirchhain 650 Jahre Stadtrechte gefeiert. Doch eigentlich gibt es Kirchhain doch schon viel länger. Kirchhain - entstand aus der Siedlung "Werploh" (Hügel mit Bäumen) und ist seit 1146 – also vor 875 Jahren - urkundlich erwähnt.

Die abwechslungsreiche Geschichte der Stadt ist vor allem bestimmt durch den Deutschritterorden sowie durch die Lage als hessische Festung gegen die Einflüsse der mainzischen Landesherren. Die bewegende und geschichtsträchtige Vergangenheit Kirchhains möchten wir den Leserinnen und Lesern in einer zweiteiligen Dokumentation näherbringen:

Eine lückenlose Geschichte der Stadt Kirchhain zu schreiben, ihr Werden und ihre wechselvollen Schicksale im Laufe der Jahrhunderte vollständig zu schildern, wird sehr schwer, ja unmöglich sein.

Entstanden in einer Zeit, aus der noch keine mit Siegeln behangenen Pergamente von den Geschehnissen berichten, war der Ort in späteren Jahrhunderten häufig der Brennpunkt heftiger Kämpfe. Viel Urkundenmaterial, namentlich aus der ersten Zeit nach der Stadtwendung, ist bei Bränden und Plünderungen vernichtet worden. Daher sind die Geschichtsquellen leider sehr dürftig.

Bis zum Jahre 1000 n.Chr. sind keine Urkunden über die Siedlung Werploh vorhanden und auch das bekannte Urkundenmaterial für die folgenden ersten Jahrhunderte ist ziemlich dürftig.

Die erste urkundliche Erwähnung über Werploh stammt aus dem Jahre 1146 – also vor 875 Jahren. Am 2. August schenkte damals König Konrad III. an das Kloster Hersfeld die Hälfte der Neurodung Werplohen. Wer zu jener Zeit Besitzer der anderen Hälfte war, ist nicht bekannt. Der Besitz von Hersfeld ging dann an Hessen über, und hier bei Werploh oder Werfloh berührten sich die mainzischen und hessischen Besitzungen. Am 4. Februar 1244 verkauften Eckhard von Merlau, sein Sohn Gerlach und seine Brüder dem Deutschen Orden die Vogtei in der „villa Kirchhain“. In der Kaufurkunde wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Kirchhain früher Werflo hieß.

Im 13. Jahrhundert erweiterte und vergrößerte der Deutschorden seine Besitztümer in Kirchhain. Der Gillhof wurde Vogtei des Deutschordens, Sitz des Komturs der Ordensverwaltung. 1344 ließ Landgraf Heinrich der Eiserne Kirchhain befestigen. Neben der Kirche entstand die Burg und die Stadtmauer wurde errichtet. Dadurch wurde Kirchhain zum hessischen Bollwerk gegen Amöneburg, das in Mainzer Besitz stand.

Stadtrechte erhielt unsere Stadt jedenfalls vor 1352. Denn nach einer Urkunde vom 10. Mai 1352 werden „Bürgermeister und Schöffen“ zu Kirchhain gebeten. Ihr Siegel anzuhängen. Es handelt sich dabei um eine Art Beglaubigung.

Kirchhain als Grenzfestung gegen Mainz hatte manches zu erleiden. 1412 überfiel Graf Waldeck unter Mitwirkung der Amöneburger Bürger die Stadt und brandschatzte sie derart, dass „kein Stein auf dem anderen blieb“ und so großer Schaden entstand, dass der Bürgerschaft daraufhin zehn Jahre lang Zinsfreiheit (Steuerfreiheit) gewährt wurde. Im 16. Jahrhundert wurde das Rathaus neu erbaut und im Jahr 1562 mit einem Treppenturm versehen, wie wir es heute kennen.

In dieser Zeit gab es auch Hexenprozesse in Kirchhain; ebenso in der Zeit nach dem 30jährigen Krieg. Hexenverbrennungen kamen in Kirchhain nicht vor. Zur Aburteilung brachte man die sogenannten „Hexen“ vor das „hohe Gericht“ in Marburg.

Die Reformation wurde in Kirchhain ohne Probleme eingeführt. Bereits davor wird 1515 ein „Schulmeister“ erwähnt. Es gab um diese Zeit also schon eine Schule.

Als die Pest 1597 in Marburg ausgebrochen war und viele Menschen daran starben, verlegte man die Regierung kurzerhand nach Kirchhain. Auch die Universität versuchte ihre Professoren und Studenten durch den Umzug in Sicherheit zu bringen. Leider brach in 1612 auch in Kirchhain die Seuche aus und forderte viele Opfer.

Während dem 30jährigen Krieg wurde unsere Stadt sehr in Mitleidenschaft gezogen. Sie war mit Mauer, Türmen, Wall und Graben recht gut gesichert. Die damals etwa 1.400 Bürger fühlten sich darin sicher. Allerdings wurde Kirchhain ein Spielball zwischen den Scharen von Freund und Feind. Belagerung durch die eine Seite, Besetzung durch die andere. Stets waren Soldaten unterzubringen und zu beköstigen. Vor allem das „Kroatenjahr“ 1637 erwies sich als unheilvoll. Dazu kamen allerlei Seuchen und Hungersnot. „Die Menschen starben wie die Fliegen“, heißt es bei Casper Preis in der „Stausebacher Chronik“.
Zum Ende des Krieges war Kirchhain als Festung nichts mehr wert, die Mauern zerschossen und eingerissen. Mangel an Verpflegung, ja sogar an Wasser, macht sich derart bemerkbar, dass viele Einwohner geflohen sind. Die Äcker waren zerstört und die Wiesen zertreten. Es hat viele Jahre Fleiß und Arbeit gebraucht bis Häuser und Ställe wieder aufgerichtet, Mauern erneuert sowie Felder und Wiesen instand gesetzt waren.

Nur hundert Jahre danach gab es erneut kriegerische Auseinandersetzungen in unserem Gebiet. Französische Besatzung, dann wieder hessische, danach wieder umgekehrt: Den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt blieb nichts erspart. 1762 entschied sich in der Schlacht um die Brückermühle das Kriegsglück nach sechs Jahren für die Alliierten. Allein die Bürger der Stadt Kirchhain mussten während dem 7jährigen Krieg mehr als 185.000 Taler an Kontributionen zahlen. Ein für die kleine Stadt enorm hoher Betrag! Fortsetzung folgt.